5. Tag: Etschtal, entlang der Brenta nach Andalo
Strecke: 84,84 km, 1393 hm
Predazzo - Molina di Fiemme - San Lugano - Neumarkt - Mezzocorona - Spormaggiore - Andalo
- 29 %: Straße
- 58 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 13 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- Schiebe-, Tragepassagen
- je nach Kondition zwischen Spormaggiore und Andalo (Selvaplana) - GPS-Track: bgvag-Tag5.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
Zum Frühstück empfiehlt es sich Pünktlichkeit. Ältere Leute brauchen wenig Schlaf. Wenn wir also nicht rechtzeitig erscheinen, ist das Büfett schnell abgeräumt und wir müssten auf Nachschub warten. Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig und schlagen ordentlich zu. Biker sind bekanntlich gefürchtete Frühstücksgäste nicht nur in italienischen Hotels, da sie Unmengen vertilgen können. Mit einer guten Grundlage im Bauch brechen wir auf und rollen weiter auf dem Radweg des Fassatals bis Molina di Fiemme. Hier wollen wir das Tal verlassen und wieder nach Südtirol "einreisen". Der Weg war mir noch nicht ganz klar. Auf der Karte war da ein kleines Tal zu sehen, das unter Vermeidung der Straße nach San Lugano führt, wo Südtirol beginnt. Den Einstieg haben wir auch schnell gefunden, das sieht passabel aus. Vorsichtshalber frage ich bei einer einheimischen Frau nach, ob der Weg auch der richtige ist: "Certo, non ce problema con bici", bestätigt sie mir. Dann ist ja alles klar und los geht's. Der Weg offenbart sich als Volltreffer. Wir fahren durch ein liebliches Tälchen auf guten Forstwegen bergauf, ohne uns groß anstrengen zu müssen und sind bald an der Sprachgrenze zwischen dem Trentino und Südtirol.
Bald schon haben wir die Passhöhe erreicht. Nun beginnt ein sehr schöner und einfach zu fahrender Streckenabschnitt auf der alten Bahntrasse der Fleimstalbahn. Diese verband früher das Etschtal mit Predazzo. Entstanden ist hier ein feingeschotterter Radweg. Durch sein gleichmäßiges und sanftes Gefälle muss man weder treten noch bremsen, man kann es einfach rollen lassen. Einige Tunnels auf der Strecke sind mit Bewegungsmeldern versehen - Licht an, Licht aus. Klar, das ist fahrtechnisch nun überhaupt keine Herausforderung; die braucht man ja auch nicht auf jedem Meter einer Transalp zu haben. Was zählt, ist das Gesamterlebnis aus zurückgelegter Strecke, Vertrauen in die eigene Kraft und landschaftlicher Schönheit, die man unterwegs erlebt.
Wir überlegen gerade, für das zweite Frühstück eine Pause einzulegen, als sich das ganze Panorama des Etschtals vor unseren Augen entfaltet. Wir durchqueren noch eine Apfelplantage, als auch schon ein idealer Rastplatz auftaucht. Eine Bank steht am Wegesrand. Wir lassen uns gemütlich nieder und lassen die Aussicht auf uns wirken. Irgendwie haben wir alle das Gefühl - hier könnte auch eine Transalp enden. Schließlich entziehen wir uns dem Zauber des Augenblicks und fahren weiter mit dem Ziel Gardasee - so wie wir es uns vorgenommen haben. Unser Tagesziel heißt Andalo. Im Tal ist es dann drückend heiß. Bei Neumarkt erreichen wir den Etschradweg, bei Salurn - dem letzten Südtiroler Ort vor dem Trentino - verlassen wir ihn wieder. Der erste Trentiner Ort, den wir passieren, heißt Rovere della Luna - welch klangvoller Name. Die nächsten Orte klingen nicht weniger verheißungsvoll - Mezzocorona, und nach einer Straßenauffahrt, den größeren Bruder der Ortschaft Sporminore: Spormaggiore. Hier rasten wir im Schatten am Dorfbrunnen.
Für den letzten Teil der Strecke nach Andalo gibt es ab hier zwei Möglichkeiten. Die leichtere: Straße bergauf bis in den italienischen Urlauberort. Die etwas schwerere: auf Schotter und ohne Autoverkehr über Selvaplana. Ich bin beide Varianten schon gefahren und favorisiere heute den Weg über Selvaplana. Dirk und Jürgen H. schließen sich mir an. Bei David und Jürgen S. ist heute etwas die Luft raus, sie beschließen easy-going auf der Straße nach Andalo zu fahren. Dort werden wir uns wiedertreffen. Die Wasserflaschen werden nachgefüllt und los geht's. Ich bin die Schottervariante zuvor schon einmal gefahren. Erstaunlich, wie mein Bewusstsein die giftigen Rampen kurz vor dem Ziel verdrängt hat. Die Landschaft ist nach wie vor schön und die Rampen sind doch tatsächlich nicht verschwunden. Selbst der am Berg sehr starke Dirk mit seinem extrem leichten Cannondale (O-Ton: "Man muss über jede Schraube nachdenken!") muss absteigen und kurze Strecken schieben. Dass ich das noch erleben darf...
Schließlich erreichen wir Andalo. Der Ort ist, wie ich nicht anders erwartet habe, gut mit urlaubenden italienischen Großfamilien gefüllt und es beginnt eine etwas längere Quartiersuche. Ist aber meine Schuld, ich hätte ja gleich ins mir schon bekannte Hotel gehen können. Ich weiß wirklich nicht, warum ich das erst im vierten Anlauf tue. Wir bekommen jedenfalls ein großes Zimmer mit Aufbettungen. Der Preis ist dadurch sogar recht moderat. Nachdem das geklärt ist, holen wir David und Jürgen S. ab, die uns ihre Ankunft schon vor einer Weile per SMS mitgeteilt hatten und im Ortszentrum einen Kaffee trinken. Gemeinsam geht es abends in eine Pizzeria. Wir freuen uns auf die morgige Ankunft am Gardasee.
Übernachtungstipps:
Hotel Dolce Avita, 38010 Andalo, Via Moro 1 Tel. +39 0461 585912 www.hoteldolceavita.it
Touristinfo: Piazza Dolomiti, 1, 38010 Andalo TN, Telefon: +39 0461 585836 www.visitdolomitipaganella.it