3. Tag: Trafoi - Stilfser Joch - Pass Umbrail - Ofenpass - Passo d'Eira - Passo di Foscagno - Bormio
Strecke: 106,3 km, 2936 hm
Trafoi - Stilfser Joch - Pass Umbrail - St. Maria im Münstertal - Ofenpass - Punt la Drossa (Tunnel) - Livigno - Passo d'Eira - Passo di Foscagno - Arnoga - Bormio
GPS-Track: 03Trafoi-Bormio.gpx
Originalfahrzeit ohne Pausen: 6:53 h
Originalfahrzeit mit Pausen: 9:02 h
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
Am Morgen überlege ich mir beim ausgedehnten, reichhaltigen Frühstück, wie meine Route heute aussehen sollte. Der erste Teil ist klar, die klassische Auffahrt zum Stilfser Joch. Nach dem Stilfser Joch hat man am Pass Umbrail zwei Möglichkeiten zur Weiterfahrt. Entweder direkt hinunter nach Bormio und weiter z.B. über den Gaviapass oder hinab in die Schweiz und durchs Münstertal und weiter über den Ofenpass. Ich entschließe mich für die letztere Variante, da mir diese Strecke zu weiten Teilen noch unbekannt ist. Aber zunächst wartet das Stilfser Joch auf mich.
Anfahrt in den frühen Morgenstunden - da hat man die Strecke noch allein
Mit dem Mountainbike habe ich es schon von beiden Seiten befahren, was aufgrund der Bergübersetzungen kein sonderlich großes Problem darstellte. Doch ich bin auch mit dem Rennrad optimistisch. Gestern bin ich rund 150 Kilometer und knapp 3000 Höhenmeter gefahren, ohne dass ich gleich im Koma lag. Wieder habe ich Glück und erwische einen Wegbegleiter.
Willkommene Begleitung
Ein junger Mountainbiker aus Jena fährt eine Transalp und ich passe mich seinem Tempo an. Vom Gefühl her könnte ich zwar etwas schneller fahren, lasse das aber gerne sein und quatsche lieber mit ihm. Außerdem gibt es uns beiden die Möglichkeit, bei den Fotopausen Bilder von Biker und Rad zu machen. Wir können uns heute glücklich schätzen, das Joch bei solch idealen äußeren Bedingungen fahren zu können. 48 Kehren sind es, alle durchnummeriert, die wir nach und nach abfahren.
Franzenshöhe: Kehre 24 von 48
Kurze Pause mit Ortlerblick
In der Fotopause hat mein Begleiter wieder zu mir aufgeschlossen.
Nach und nach treffen wir auch andere Radfahrer.
Bei mir läuft es erstaunlich flüssig. Es war gut, dass ich mein Tempo angepasst habe. So bleibt mit genug Kraft für die letzten Kehren zum Stilfser Joch.
Kehren am Stilfser Joch
Der Verlauf der Strecke ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Die Trassierung erfolgte vor über 200 Jahren und musste seitdem nur punktuell verändert werden. Dazu ist die Steigung nahezu gleichmäßig, wie das Höhenprofil zeigt. Angepasst an das, was die damaligen Verkehrsmittel - die Postkutschen - leisten konnten. Seit einigen Jahren wird am ersten Samstag im September der Radtag Stilfser Joch veranstaltet, bei dem die Straße (von Trafoi bis Bormio) von morgens bis abends für den motorisierten Verkehr gesperrt wird. Dann ist sie allein tausenden Radfahrern und (einigen wenigen) Wanderern/Läufern vorbehalten.
Wir haben heute etwas Verkehr, der aber aufgrund der frühen Stunde noch recht spärlich ausfällt. Nach knapp zwei Stunden Auffahrt, immer wieder unterbrochen durch Fotopausen, trennen sich auf 2758 Meter über Seehöhe unsere Wege. Der Mountainbiker hat mit der Bocchetta di Forcola ein Highlight vor sich, besonders bei diesem schönen Wetter. Bei meiner MTB-Transalp Albrecht-Route Top of the Rocks gehört sie mit zum Programm.
Stilfser Joch - das Standbild verkneife ich mir, ich war auch so oben
So ganz einig ist man sich mit den Höhenangaben zum Stilfser Joch nicht. Auf einem neueren Schild steht 2760 m, WIKIPEDIA nennt als Höhenangabe 2757 m. Wie auch immer. Ich mache mich via Pass Umbrail an die Abfahrt über knapp 1400 Höhenmeter hinunter nach St. Maria im Münstertal.
Pass Umbrail: ich fahre rechts ins Münstertal - Val Müstair
Im mittleren Teil existierte damals ein ca. zwei Kilometer langer Abschnitt als Naturstraße, zwar fein geschottert und gut gepflegt, aber nur mit Vorsicht und in langsamer Fahrt zu genießen, zumindest für mich und mein Rennrad. Inzwischen ist dieser Abschnitt auch komplett asphaltiert.
Oberes Münstertal mit Ofenpass vom Gasthof Alpenrose aus
Nach vielen engen Kehren erreiche ich St. Maria, mir bestens vertraut von vielen Transalps auf meiner Albrecht-Route mit dem Mountainbike. Heiß brennt die Sonne vom Himmel herab. Da wäre ein kurzer Regenschauer eine willkommene Abwechslung gewesen, so wie ich es später einmal erlebt habe.
Regenbogen im Münstertal
Ich mache eine kurze Pause, esse eine Kleinigkeit, fülle aus dem Brunnen Wasser in die Trinkflaschen ab und mache mich schließlich auf den Weg zum Ofenpass. Es ist Wochenende und deshalb leider wohl unvermeidlich viel Ausflugsverkehr unterwegs, besonders Motorräder. Ich nutze deshalb soweit es geht, die Ortsdurchfahrten als ruhige Nebenstrecken. Dabei kann ich die Sgraffiti an den typischen Häusern im Münstertal bewundern.
Sgraffiti - das Wort dient als Herleitung für die moderne Form der Graffitis (das sind heute leider meist nur Schmierereien an Wänden, verzapft von irgendwelchen Deppen, die Null Ahnung von Handwerk und Kunst haben)
Nach Tschierv ist mit den Nebenwegen Schluss und ich muss Straße fahren. Wem es in den Waden zwickt: es gibt auch einen Postbus, der Räder mitnimmt.
Tschierv: Rastmöglichkeit im Hotel Al Rom
Nach der Passhöhe winkt als Lohn eine lange, entspannte Abfahrt auf mich. Auf der muss ich mich nicht sonderlich konzentrieren, sondern kann es einfach laufen lassen.
Ofenpass: Blick Richtung Buffalora
Am Punt la Drossa ist damit Schluss und ich warte auf das grüne Licht der Ampel, das die Durchfahrt für den ca. dreieinhalb Kilometer langen Grenztunnel nach Livigno freigibt. Der Tunnel war damals für Radfahrer frei befahrbar, Autos und Motorräder müssen Maut entrichten.
Achtung: Seit 2008 darf der Tunnel nicht mehr mit dem Rad befahren werden. Es existiert ein kostenpflichtiger Busshuttle für Fahrräder. Infos dazu auch hier.
Ich geselle mich zu einem italienischen Rennradler, der mich am Ofenpass mit seinem edlen Carbonteil locker stehen ließ. Nur 6,3 Kilogramm wiege es, berichtet er mir stolz und gewährt mir bereitwillig Windschatten im Tunnel. Ich revanchiere mich bei der langen Fahrt durch die Galerien entlang des Stausees bis Livigno, indem ich mich in der Führungsarbeit mit ihm abwechsle.
Lago di Livigno
Wir erreichen zügig Livigno. Der bekannte Wintersportort wird auch im Sommer gut besucht, nicht zuletzt wegen seinem Status als Zollausschlussgebiet.
Livigno
Zwei Wochen zuvor war ich auch schon in Livigno - bei meiner MTB-Transalp vom Bodensee zum Gardasee. Ich vermeide das Gewimmel im Ortszentrum und steuere zielstrebig die Latteria Livigno an, um mich zu verpflegen. Wieder dasselbe Traumwetter wie vor zwei Wochen.
Latteria Livigno - eine Empfehlung zum Rasten
Als nächstes wartet der Passo d'Eira auf mich, denn in Livigno will ich nicht übernachten, da erst früher Nachmittag ist. Wieder wird es ein Tag mit vier Pässen, denn mit dem Passo di Foscagno folgt noch der Übergang nach Bormio. Ich sehe ihn im langgezogenen Hochtal schon von weitem und auch die Wolkenfetzen, die ihn umwehen. Doch ich muss viel Geduld aufbringen. Ein kalter, böiger Gegenwind kommt auf und macht den eigentlich moderaten Anstieg zu einem kleinen Härtetest. Den bestehe ich.
Passo di Foscagno
An der Passhöhe ziehe ich alles an, was ich habe und lasse mich in Richtung Bormio rollen. In Arnoga kreuze ich wieder meine klassische Albrecht-Route, überlege kurz im "Li Arnoga" abzusteigen (inzwischen leider geschlossen), verwerfe jedoch den Gedanken, weil ein Wetterumschwung droht. Ich will mich morgen nicht der Gefahr aussetzen, eventuell in Kälte und Nässe diese lange Abfahrt zu absolvieren. Zum Glück gibt es bis ins Tal hinunter keine nennenswerten Gegenanstiege, mit dem Gegenwind werde ich schon fertig. Schließlich erreiche ich in Premadio einen schönen Radweg direkt an der Adda, der mich zügig ans Ortsende von Bormio bringt.
Radweg Sentiero Val Viola an der Adda bei Bormio
Der Radweg führt direkt am Ostello Alpino vorbei, wo ich ohne viel Federlesen einchecke (siehe auch das Bild bei der Hotelinfo). Es ist später, sonniger Nachmittag. Am Rennrad ist nichts zu reparieren. Ich richte mich kurz in meinem Zimmer ein und mache mich danach auf den Weg ins Zentrum von Bormio. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt eine Promenade, an der ich entlang schlendere.
Bormio liegt im Herzen der Alpen, steil ragen hinter der Stadt die Berge auf.
Und doch macht sich aufgrund der südlichen Ausrichtung ins Valtellina schon ein mediterraner Einfluss bemerkbar. Viele Straßencafes und Ristorante sind im Stadtzentrum geöffnet. Ich habe im Hotel einen Tipp bekommen, eine urige typische Trattoria mit einheimischen traditionellen Speisen. Da gehe ich hin.
Bormio: Vecchia Combo
Ich lasse mich in der Sonne nieder und werde nicht enttäuscht. Der Tag klingt ruhig aus. Was wird der nächste bringen?
Alternative ab dem Stilfser Joch
- direkt nach Bormio hinunterfahren und dort weiter auf der Hauptroute
- oder ab Bormio über den Gaviapass nach Ponte di Legno
- sowohl die Abfahrt nach Bormio als auch der Gaviapass sind spektakuläre alpine Highlights, allerdings unter Umständen von starkem motorisierten Verkehr frequentiert
- deshalb habe ich mich damals für meine hier dokumentierte Route einer Rennrad Transalp entschieden
Übernachtungstipps:
Bormio
- Hotel Giardino, Via Per Piatta, 11, 23032 Bormio SO, Italien, Tel.: +39 0342 903132
- HOTEL Funivia, Via Funivia, 34, 23032 Bormio SO, Italien, Tel.: +39 0342 903242
- Ostello Alpino, Via Milano, 88, 23032 Bormio SO, Italien, Tel.: +39 0342 902712
Livigno
- Hotel Lac Salin Spa & Mountain Resort, Via Saroch 496-D, Livigno, Tel.: +39 0342 996166
- Hotel Astoria, Via Saroch 1116, 23030 Livigno (SO) ITALIEN, Tel.: +39 0342 996663