3. Tag: Königsetappe über den Fimberpass und Pass da Costainas
Strecke: 64,3 km, 2063 hm
Bodenalpe - Fimberpass - Vna - Sent - Scuol - S-charl - Pass da Costainas - Lü - Tschierv
- 2 %: Straße
- 20 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 53 %: Feldweg, Schotter
- 25 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 03-ALR-Bodenalpe-Tschierv.gpx
siehe auch Variante nach St. Maria im Münstertal: Hinweise weiter unten, eingezeichnet auf Übersichtskarte, separates Höhenprofil
- GPS-Track: 03-var-ALR-StMaria.gpx
Fimberpass mit Fluchthorn: sogar fahrbar, wenn man rechtzeitig aufsteigt!
Übersichtskarte
schwarz: aktuelle Hauptroute
rot: aktuelle Varianten der Hauptroute
magenta: Ur-Route 2004
Aktuelles Höhenprofil
Das ist in der Tat eine ordentliche Aufgabe, die heute vor uns liegt. Der Alpenhauptkamm wird zweimal bezwungen. Das sollte man nur bei gutem Wetter riskieren.
Noch ist es kühl, als wir uns an der Bodenalpe auf die Räder schwingen. Die Sonne taucht die Bergspitzen in ein rötliches Licht. Nach und nach ergreift sie auch Besitz vom Tal.
Aufbruch im Morgenlicht an der Bodenalpe
Die Schotterpiste ist gut fahrbar, mal mehr, mal weniger steil. An der Schweizer Grenze künden nur die Schilder davon, dass wir nun die Euro-Zone verlassen, zumindest offiziell.
Das ist nicht der Zöllner!
Im Engadin ist die europäische Einheitswährung längst als zweites Zahlungsmittel neben dem Schweizer Franken akzeptiert. Mittlerweile gibt es oft auch das Rückgeld in Eurocent. Wir unterbrechen die Fahrt immer wieder durch Fotopausen. Das Morgenlicht ist dazu ideal.
Heidelberger Hütte schon in Sichtweite
Nach einer guten Stunde ist die Heidelberger Hütte erreicht.
Sammelpunkt an der Heidelberger Hütte
Alle Mountainbiker, die hier übernachtet haben, sind schon ausgeflogen. Wir haben den Aufstieg zum Fimberpass für uns allein.
Jetzt gehts los!
Der Weg zum Pass erfordert zwar ein paar Schiebepassagen, dauert aber kaum eine Stunde und ist sogar teilweise fahrbar.
Von wegen reine Schiebepassage zum Fimberpass
In vielen Berichten steht folgendes geschrieben: Im Mittelalter sollen über diesen Pass die Toten aus Ischgl zum Friedhof nach Sent im Engadin gebracht worden sein, denn das Paznaun gehörte jahrhundertelang zur Gemeinde Sent. Im Winter war der Weg unbegehbar. Man ließ deshalb die Leichen einfrieren und brachte sie im Frühjahr in Sent unter die Erde. Klingt gut, oder nicht?
Der Wahrheit kommt wohl folgende Version näher: Die Gemeinde Sent hatte sehr große Weidegebiete im Paznaun erworben und Ischgl gehörte lange Zeit kirchlich zu Sent. Das mit den Toten ist eine alte Überlieferung. Da sich die Senter nur im Sommer in Ischgl aufhielten, ist es wohl sehr selten vorgekommen, dass die Leichen eingefroren wurden, um sie später zu transportieren. (Quelle: Cla Rauch - Gemeinde Sent). Wie dem auch sei. Am Fimberpass überschreiten wir eine Sprachgrenze. Im Unterengadin spricht man Rätoromanisch. Sie ist die vierte Amtssprache der Schweiz und hat ihre Wurzeln im Lateinischen. Wanderer und Biker grüßen sich mit "Allegra". Der Pass heißt Cuolmen d'Fenga.
Gleich geschafft, der Pass ist zum Greifen nah!
Nach und nach treffen alle am Pass ein und sind beeindruckt vom großartigen Panorama, das sich uns bei diesen Wetterbedingungen bietet.
Fimberpass mit Fluchthorn
Die Abfahrt auf dem weithin einsehbaren Pfad gehört zu den legendären Trails in den Alpen.
Wir genießen den anspruchsvollen Single-Trail ins Unterengadin.
Der eine fährt, der andere schiebt!
Bis zur winzigen Alp Chöglias muss man 500 Höhenmeter abwärts je nach Fahrkönnen und Beschaffenheit des Untergrundes einige Teilstücke schieben. Heute hat der Trail den idealen Grip - nicht zu nass und nicht zu trocken. Sogar ich fahre weite Teile. Könner fahren bei guten äußeren Bedingungen fast die gesamte Strecke. Der Pfad ist teilweise ausgewaschen und führt an Abbruchkanten entlang. Bei entsprechender Vorsicht sollte das aber kein Problem darstellen.
Begegnung in der Nähe der Alp Chöglias - es sind nicht nur Mountainbiker unterwegs!
Später quert man noch eine abenteuerliche Bachbrücke und einen Gletscherbach.
Die Brücke gibt es nur im Sommer.
Weiter geht's das Tal hinab.
Ruppige Piste Richtung Griosch
Ab Griosch fahren wir weiter auf der guten Naturstraße in Richtung Vna. Kurz vor der Ortslage biegen wir scharf rechts ab in Richtung Val Sinestra. Später teilt sich der Wiesenweg. Der Wegweiser zeigt an, dass der untere linke Weg direkt zum Kurhaus führt. Er wird wenig später zum anspruchsvollen Wurzel-Trail, der an der Abbruchkante des Flusses steil nach unten geht. Aber auch der obere rechte Weg (als Panoramaweg ausgewiesen) führt zum Ziel. Er ist ebenfalls gewürzt mit einigen Wurzelpassagen. Im Großen und Ganzen ein passabler Trail, der einen ab und zu aus dem Sattel zwingt. Nach einer Rechtskurve muss man Obacht geben. Hier ist ein Felsabbruch. Die dadurch entstandene Steilstufe ist ca. 1,50 Meter hoch.
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
Ich würde den Drop nicht riskieren.
Ab dem Kurhaus Val Sinestra verläuft eine schöne Naturstraße bis Sent, das hoch über dem Inn-Tal mit direktem Blick ins Val d'Uina liegt. Von hier aus geht es über einen Panoramaweg hinab nach Scuol. Eine Rast am Supermarkt im Ortszentrum mit Auffüllung der Vorräte ist empfehlenswert.
Innbogen in Scuol
Die Auffahrt nach S-charl ist eine reine Fleißaufgabe. Wenn die Säge klemmt: es gibt einen Bus, der im Rahmen der Kapazität Fahrräder mitnimmt.
Auffahrt nach S-charl: führt im Val Minger durch eine Mondlandschaft (nach starken Regenfällen wird die Naturstraße immer mal wieder verschüttet)
S-charl
Der Dorfbrunnen ist ein natürlicher Sammelpunkt.
Lagebesprechung
Hier hält auch der Postbus. Wer Kräfte sparen will oder muss, kann seine Fahrräder in Scuol außen am Bus verstauen und sich kutschieren lassen. Ich hatte es HaPe vorgeschlagen, aber sein Ehrgeiz war stärker. Leider hat er seinem Knie damit keinen Gefallen getan. Bei der folgenden Auffahrt zur Alp Astras schwillt es stark an. Nichts geht mehr. Er muss zurück nach Scuol rollen. David überbringt uns an der Alp Astras diese Nachricht. Wir hatten schon besprochen, dass in solchen Fällen eine klare Entscheidung getroffen wird. Per SMS informiert mich HaPe, dass er in Scuol ein Hotelzimmer genommen hat und am nächsten Tag von seiner Nichte mit dem Auto abgeholt wird. Schade, dass er die Tour abbrechen muss, er war ein angenehmer Begleiter.
Falls man eine Pause in S-charl einlegen will: das "Crusch Alba" liegt direkt am Weg
Von S-charl aus führt der Weg entlang idyllischer Bergwiesen und einem munter murmelnden Bach.
Idylle auf dem Weg zum Pass da Costainas
Nur ein einziges steileres Stück kann einen aus dem Atem bringen. Die Hochebene zur Alp Astras erweist sich immer wieder als Rennstrecke.
Am Start!
Christian und Matze sind die Sieger.
Alp Astras
Von der Terrasse der Alp Astras haben wir einen weiten Blick zurück über die angenehm zu fahrende Strecke.
Blick zurück von Alp Astras: nach und nach trudeln alle ein
Der wunderschöne Trail zum Pass da Costainas ist gut fahrbar und ein Traum.
Hochalpiner, fahrbarer Trail zum Pass da Costainas
Einer aus der Gruppe opfert sich und öffnet und schließt ein Gatter, so dass die restlichen alle von sich sagen können, den Pass komplett fahrend erreicht zu haben.
Pass da Costainas - fahrbar!
Ich bin immer wieder fasziniert von dieser einzigartigen Möglichkeit, den Alpenhauptkamm fahrenderweise zu bezwingen, ohne dass man auf einer Teerstraße fährt. Wirklich ein Genuss für alle, die ewiges Schieben im unwegsamen Gelände satt haben. Auch andere sind fasziniert von den Möglichkeiten, sich am Pass zu entspannen.
Der Pass da Costainas ist nicht nur bei Radfahrern beliebt!
Die Abfahrt beinhaltet gleich zu Beginn ein kurzes, sehr steiles Schotterstück.
Steile Abfahrt vom Pass da Costainas
Leider macht Olaf dabei Bekanntschaft mit dem Untergrund. Eine ausgeprägte Schotterflechte ziert für den Rest der Tour seinen rechten Oberarm und auch den Unterschenkel.
Nochmal gut gegangen - Olaf kann weiterfahren!
Als wir die Wiese erreichen, sind die Schwierigkeiten vergessen. Eine Traumabfahrt auf gutem Schotter bis Lü wartet auf uns. Die Sicht ist fantastisch. Der Ortler mit seiner dicken Schneehaube liegt zum Greifen nah vor uns - Fotopause.
Die ersten Häuser von Lü mit Ortler im Hintergrund
In Lü gibt es auch eine beliebte Rast- und Übernachtungsmöglichkeit, die Pension Hirschen. Wir fahren diesmal durch. Kurz nach dem Örtchen kreischt meine vordere Scheibenbremse gottserbärmlich. Der Bremsbelag ist komplett abgefahren. Zum Glück hat David passende Ersatzbeläge dabei. Ich war so dusselig, dass vor der Tour nicht zu kontrollieren. Aus seinen eigenen Fehlern lernt man wohl am besten. Das wird mir nicht noch einmal passieren. Etappenende ist nach leichter Schotterabfahrt in Tschierv im oberen Münstertal.
Variante nach St. Maria im Münstertal
Strecke: 67,7 km, 2065 hm
Bodenalpe - Fimberpass - Vna - Sent - Scuol - S-charl - Pass da Costainas - Lü - St. Maria im Münstertal
- 10 %: Straße
- 18 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 47 %: Feldweg, Schotter
- 25 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 03-var-ALR-StMaria.gpx (von Lü bis St. Maria im Münstertal)
So sind wir bei der Ur-Route gefahren. Grund war die Übernachtung in der urigen Jugendherberge "Chasa Plaz", die ich von vorherigen Touren kannte. Aufgrund des warmen Spätsommerwetters konnte unsere Pasta-Party im Freien stattfinden. Es wird relativ zeitig dunkel, wir sitzen noch lange im Freien zusammen. Das Glühen der Berge zeigt an, dass morgen wieder ein herrlicher Tag auf uns wartet.
Sta. Maria im Münstertal - Jugendherberge: abendliche Pasta-Party
Alternative bei Schlechtwetter
- bei Schneegefahr auf dem Fimberpass im Inn-Tal bleiben und via Pfunds, Martina auf dem Inn-Radweg bis Scuol, siehe zum Beispiel Albrecht-Route eMTB - 2. Tag
So kann's gehen: Schnee auf dem Fimberpass im Juli
- diese Entscheidung muss ggf. schon auf der 2. Etappe ab Landeck getroffen werden
- ich habe das schon auf der Bodenalpe erlebt, musste umdrehen und die große Schleife zurück über Landeck drehen und dann weiter durchs Inntal: ist mir 2007 so passiert, damals mussten wir sogar über den Reschenpass, um ins Münstertal zu gelangen
Ur-Route
3. Tag: 68 km, 1996 hm
Bodenalpe - Fimberpass - Vna - Sent - Scuol - S-charl - Pass da Costainas - Lü - St. Maria im Münstertal
Übernachtungstipps
Tschierv
Hotel Al Rom: Direkt an der Ofenpass-Straße gelegen. Bei Ankunft kann das Fahrrad gereinigt und über Nacht in der abschließbaren Bikegarage abgestellt werden. Wäscheservice: CHF 5.00 pro Person.
Hotel Al Rom in Tschierv im Münstertal
Lü
Pension Hirschen - Telefon: +41 81 858 51 81 http://hirschen-lue.ch/
Sta. Maria im Münstertal
Chasa Jaro: Janine Hofer bietet fünf Doppelbettzimmer in einem sehr alten Haus an (ca. 800 Jahre), welches liebevoll restauriert ist. Alle Zimmer sind alte Holzstuben. Ein sehr modernes Badezimmer und Gäste WC muss man sich zwar mit evtl. anderen Bewohnern teilen, da es aber nur wenige Zimmer sind, ist die Anzahl der Gäste überschaubar. (Tipp von Karsten Voß)
www.chasa-jaro.ch
Via Veglia 95 (bzw. Döss da Punt 95)
CH-7536 Sta. Maria Val Müstair GR
Telefon Janine Hofer: +41 76 570 14 93